Gründung Wiesentals

Bischofssiegel von Friedrich von Bolanden (einzige bekannte Abbildung des Ortsgründers)
Bischofssiegel von Friedrich von Bolanden (einzige bekannte Abbildung des Ortsgründers)

Durch den 49. Bischof von Speyer - Friedrich von Bolanden - wurde 1297 Wiesental gegründet. Mit Zustimmung des Speyerer Domkapitels übergab er mehreren armen Leuten im hochstiftlichen Lußhardt ein ödes Waldland zur Bebauung und Kultivierung.

 

 

 

 

 

Eine Abschrift der Gründungsurkunde in lateinischer Sprache von Carl George Dümgé wird im Badischen Generallandesarchiv in Karlsruhe aufbewahrt. Das Original ist leider verschollen. Die von Dr. Wiegand angefertigte Übersetzung lautet wie folgt:

"Im Namen des Herrn. Amen. Wir, Friedrich, von Gottes Gnaden Bischof, Dekan Werner und das ganze Kapitel der Speyerer Kirche, erkennen für richtig und bekennen öffentlich:

Nachdem wir uns über diese Sache in reiflicher Überlegung geeinigt haben - wegen des offenkundigen Nutzens für unsere Kirche, der in der Bebauung des Bodens liegt -, verleihen und übergeben wir nach dem Erbrecht als immerwährendes Erbe unseren Ort, genannt Wiesenten, in unserem Bischofshart benannten Wald, jetzt Lushart, an den Ort Hausen grenzend, in einer Länge und Breite von 80 Huben - wie sie in der Volkssprache genannt werden, bestimmten Personen zu eigen. Diese haben den Ort von uns empfangen, um ihn, da er jetzt noch unbebaut ist, in Bebauung zu nehmen, und einen Weiler zu errichten, der Wiesenten genannt werden soll. Und jährlich soll uns für jede Hube vorgenannter Güter und Eigentümer oder den Eigentümern 8 Schilling guter Heller gegeben werden, dazu ein Malter Winterweizen, ein Malter Hafer und zwei Hühner an folgenden Tagen: der Winterweizen am Fest Mariä Geburt (8. September), der Hafer am St. Michaelstag (29. September) und die Heller mit den Hühnern am St. Martinstag (11. November) zu immerwährender Steuer.  Diese Steuer wird erst ab dem dritten Erntejahr fällig und nicht vorher. Ebenso soll uns nach dem Brauch für jede Hube ein Herdrecht gegeben werden von ihren Eigentümern für alle Zeiten, wie es bestimmt wurde. Die Bewohner des genannten Weilers (oder Hofes) sollen folgende Rechte beachten: zum Gerichtstag soll jeder als Strafe für das Vergehen "die Wett" einen guten Heller entrichten, als Strafe für die "frevele (Frevel)" soll jeder 10 gute Heller bezahlen, der einen anderen mit der Hand oder der Faust schlägt oder aufs Haupt trifft. Wenn aber einer einen anderen mit einem Knüttel, Keil, Stock, Schwert, Messer, Spieß oder anderen Waffen verletzt, dass Blut fließt und die Verletzung als Vredibrocht bezeichnet werden kann (Friedensbruch), soll er zwei Pfund Heller als Strafe zahlen. Die Heimsuche aber (Hausfriedensbruch) und Mord werden geahndet nach Recht und Brauch der Bürger von Speyer, wie es bei diesen gilt, und ihre Ahndung steht uns, dem Bischof, und unseren Nachfolgern zu ohne List und Trug. 

Ausschnitt aus der Abschrift der Wiesentaler Gründungsurkunde
Ausschnitt aus der Abschrift der Wiesentaler Gründungsurkunde

Nach er dritten Ernte sind die Inhaber vorgenannter Huben des Weilers nicht nur zur vorgenannten Steuer verpflichtet, sondern auch zu Beherbergungen, Fahrleistungen und anderen Lasten und Frondiensten, wie sie die Inhaber und Bewohner unserer anderen Dörfer in der Nachbarschaft leisten müssen mit Ausnahme dessen, dass sie für immer von Geldschatzungen und Kollekten ausgenommen sind, an deren Stelle sie die oben angeführte Steuer zu entrichten haben. Dem fügen wir noch hinzu, dass kein Bewohner oder Eigentümer von vorgenanntem Dorf und Huben Speyerer Bürger werden darf, oder anderswo in Städten, Burgen oder Königsdörfern oder deren eines anderen Herrn, oder jenes Recht erwerben darf, welches in der Volkssprache Marktrecht oder Bürgerschaft oder Gebuerschaft genannt wird, außer in Städten, Burgen oder Dörfern, die uns gehören oder der Kirche von Speyer.

Sollte dem einer zuwider handeln, geht er aller Rechte verlustig - in dem Dorf und im Gebiet des oben genannten Ortes - und alles, was er gebaut und in Anbau genommen hat, fällt ohne Widerspruchsrecht oder Verzug dem Bischof von Speyer zu, welcher zu dieser Zeit regiert und dieser kann nach seinem Belieben darüber verfügen. Zum Beweis dessen lassen wir unsere Siegel anbringen, um Vorgenanntes auf immer zu bekräftigen.

Gegeben im Jahre des Herrn 1297 am Samstag vor dem Herrenfest Reminiscere."

Es gibt nur sehr wenige schriftliche Zeugnisse  aus den ersten Jahrhunderten nach der Gründung  Wiesentals. 

 

In zwei Urkunden von 1366 und 1390 werden die bischöflichen Rechte in Wiesental bestätigt.

 

Um 1460 wurde nach einem Rechtsstreit mit der Stadt Udenheim (heute Philippsburg) festgelegt, dass gegen die Zahlung eines jährlichen Wachgeldes die Bauern den Schutz der Udenheimer Stadtbefestigung in Anspruch nehmen können. Bei den ständigen Fehden der Zeit bot der Schutz einer nahen Stadt für die Wiesentaler einen großen Vorteil.

 

Weitere wichtige Urkunden sind Bevölkerungserhebungen und Abgabenverzeichnisse aus den Jahren 1469/70, 1495, 1530 und 1531, die wichtige Rückschlüsse auf die Lebensverhältnisse im Dorf ermöglichen.