Mit dem Rad an den Rhein

Vom ungebändigten Rhein zur europäischen Wasserstraße

Einmündung des Wagbachs in den Rhein
Einmündung des Wagbachs in den Rhein

Bei der Radtour des Heimatvereins Wiesental am Tag des offenen Denkmals wurde die Veränderungen des Rheinstroms seit der Würmkaltzeit vor 12000 Jahren beleuchtet. Der „wilde Rhein“, der in diesem Zeitraum das bis zu 5 m tiefe gelegene Tiefgestade geschaffen hat., ist heute eine wichtiger Transportweg. Ein Blick von dem Hochgestade über das Naturschutzgebiet Wagbachniederung verdeutlichte die Eintiefung durch den Fluss in diesem Zeitraum. Bis vor 200 Jahren war der Strom ungebändigt. Große Auwälder konnten sich so durch das alljährliche Hochwasser entwickeln. Durch Verlandungen entstanden Sümpfe und Moore. Lokale wassertechnische Maßnahmen der Ortschaften in der Niederung konnten diese nur teilweise vor dem Hochwasser schützen.

Der badische Ingenieur Tulla plante die heutige Begradigung des Rheins, um diesen in ein festes Bett zu zwingen, die von 1817-76 durchgeführt wurde. Dadurch konnten die in der Zeit aufkommenden Raddampfer den Fluss befahren. Dies war ein bedeutender Schritt für die Industrialisierung des Oberrheingrabens. Am kleinen Hafen bei Altlußheim wurde verdeutlicht, dass durch die Schifffahrt viele LKW-Fahrten hierdurch nicht notwendig sind, um Kies und Getreide zum Bestimmungsort zu transportieren.

Jedoch diese Regulierung hatte große Nachteile wie z.B. die weitere verstärkte Eintiefung des Flusses und dadurch eine Absenkung des Grundwasserspiegels. Daraufhin versuchte man, durch verschiedene Abhilfemaßnahmen wie Buhnenbau, Staustufenbau, Geschiebezugabe und Polderbau entgegenzuwirken.

Jedoch die früheren artenreichen Auwälder sind heute verschwunden. Heutige Planungen, die heftig diskutiert werden, sind durch ungeregelte Polder wieder eine Auenlandschaft im kleinen Rahmen zu schaffen u.a. auf Elisabethenwört. 

Diese Themen waren ein Teil der Radtour. Über den weiteren Teil, die Rheinfähren, die Post in Rheinhausen und die Besichtigung des Museums wird im nächsten Mittelungsblatt berichtet.

 

In Rheinhausen ging die Post über den Rhein

Stärkung vor der Heimfahrt in der „Alten Post“ in Rheinhausen
Stärkung vor der Heimfahrt in der „Alten Post“ in Rheinhausen

 

Die Rheinübergänge waren ein weiteres interessantes Thema bei der Radtour des Heimatvereins am „Tag des Offenen Denkmals“. Fähren sind bereits in Lußheim im Jahr 1290, und in Rheinhausen 1296 erwähnt. Erst 1657 wurde die Gierfähre in Holland erfunden, so dass nicht mehr durch Menschen gerudert werden musste, sondern die an Seilen oder Ketten befestige Fähre durch ihre Lage zur Strömung des Wassers von dieser an das andere Ufer geschoben wurde. 

Die Fähre in Rheinhausen hatte eine besondere Bedeutung, da hier ab 1490 die Postreiter der Kaiserlichen Reichspost, welche dem Fürstenhaus Thurn und Taxis unterstanden, den Fluss überquerten.

Thurn und Taxis setzte ortskundige Stafetten-Reiter für den Botendienst ein, die jeweils ca. 30 km zurücklegen mussten, was im März 1506 laut Laufpass ermöglichte die Strecke Rheinhausen - Brüssel (381 km) in 66,5 Stunden zu bewältigen. Frühere Boten brauchten hierfür ca. 12 Tage. Die Fähre musste zu jeder Tageszeit übersetzen, was unter den damaligen Bedingungen sehr oft ein gefährliches Unternehmen war. Mit Einführung der Geschwindigkeitskutsche Frankfurt – Basel und durch die Einrichtung der Posthalterei Waghäusel verlor die Rheinhäuser Fähre ihre Bedeutung und die Postamtsexpedition wurde am 1. Oktober 1745 in die fürstbischöfliche Residenzstadt Bruchsal verlegt. Nachweislich bestand in Rheinhausen jedoch noch eine Posthalterei bis 1765.

Im Rheinhausener Postmuseum, eröffnet 1990, wurden die Radtour-Teilnehmer vom Vorsitzenden des Heimatvereins Oberhausen-Rheinhausen, Heinz Kraus, begrüßt. Die Führung durch die Ausstellung verdeutlichte nochmals die Bedeutung der Thurn und Taxis`schen Poststation Rheinhausen in den 275 Jahren ihres Bestehens. Zwei Duplikate von Rheinhausener Briefen aus dem 18. Jahrhundert konnten Herrn Kraus für das Museum übergeben werden. Die Heimfahrt erfolgte über den jahrhundertalten Sermsweg, dem Wallfahrtsweg der Pfälzer Pilger zur Wallfahrtskirche Waghäusel. HPH

 

„Martin-Horn“ weltweit ein Begriff

Mitglieder des Heimatvereins besuchten die Deutsche Signal-Instrumentenfabrik Max B. Martin GmbH & Co. KG in Philippsburg. Geschäftsführer Martin Brender und seine Tochter Vanessa informierten über die 1880 in Sachsen gegründete Firma, die zu Beginn Musikinstrumente wie Jagdhörner und Fanfaren-Trompeten für zwei- oder viertönige Signale herstellte. Berühmt wurde die sogenannte Kaiserfanfare, deren Signal "bald hier, bald dort" ein Fahrzeug der kaiserlichen Familie ankündigte. Turn- und Radfahrvereine sowie freiwillige Feuerwehren gründeten sogenannte Martin-Kapellen. Diese konnten bereits um 1905 auf 8-tönigen Martin-Trompeten, gefertigt in verschiedenen Tonlagen, anspruchsvollere Musikstücke präsentieren. Seit den 80er Jahren erweitern 16-tönige Martin-Trompeten das Lieferprogramm

In der frühen Zeit der "Automobilisten" wurden Autohupen und Feuerwehrhörner Produktionsschwerpunkte. 1932 entwickelte man zusammen mit Feuerwehr- und Polizei ein Horn, das als Sondersignal für „bevorrechtigte Wegebenutzer“ gesetzlich vorgeschrieben wurde. Seit dieser Zeit besteht die geschützte Wortmarke "Martin-Horn". 

Die Philippsburger Firma beschäftigt derzeit 40 Mitarbeiter in Fertigung, Montage sowie in der Verwaltung. „Martin-Hörner“ werden in alle Welt geliefert und genießen als deutsche Wertarbeit einen sehr guten Ruf. Hergestellt werden daneben auch Nebelhörner, Signalanlagen und Pausenwarnanlagen. Eine fortlaufende Weiterentwicklung garantiert eine langfristige Auslastung der Produktion. Auch erfolgt eine stete Erneuerung der Fertigungsmaschinen, was die Firmenbesichtigung veranschaulichte. Eine umfassende Qualitätskontrolle und eine exakte Justierung (Anstimmen) für jedes ausgelieferte Produkt, sowie langjährig beschäftigte Mitarbeiter, die oft auch in dem Familienbetrieb gelernt haben, machen den Begriff „Marin-Horn“ in der Welt bekannt.